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Bericht zur Konzertreise nach Darlington

Washington Old Hall

Washington Old HallBleibende Eindrücke von unserer Reise nach Nord-Ost-England

Was für eine beeindruckende Erfahrung! – Nordengland im Frühling bei bestem Wetter und mit bester Laune. Konzerte auf hohem Niveau mit einem ebenso begeisterten wie zahlreichen Publikum und ein kulturelles Rahmenprogramm, das in den effektiv nur vier Tagen vor Ort einen spannenden Einblick in die Highlights der Region ermöglichte.

Erschöpft, aber glücklich betraten wir am Oster-Samstag nach einer Woche Konzertreise wieder heimischen Boden. Im 35. Jahr des Bestehens hatten wir Orchesterspieler des MZO und viele mitgereiste Fans in der Woche vor Ostern zum ersten Mal die englische Partnerstadt Darlington besucht. „Darlington und Mülheim vereint so viel: die Industriegeschichte, der Strukturwandel“, erläutert Carsten Pierburg, Vorstandsmitglied und Organisator der Reise: „Ich glaube aber, dass wir alle heute vom kulturellen Austausch besonders profitieren können. Und das sahen die Engländer genau so.“

Darlington Town-Hall 3Die Idee zu der Reise kam vor etwa zwei Jahren auf – und traf auf offene Ohren in der Mülheimer Partnerstadt: Tom Nutt, Stadtrat in Darlington, sagte sofort Unterstützung zu und organisierte für die Musiker nicht nur drei Konzerte in Darlington und Sunderland, sondern auch ein umfangreiches kulturelles Rahmenprogramm. Neben kulturellen Highlights in den Konzertorten konnte die Gruppe durch Besuche von Durham, York und Whitby auch Eindrücke von der Vielfalt in der Region bekommen.

Dolphin-Centre Mayor-Lee listening-to-his-MandolinEmpfang mit großer Herzlichkeit

„Die Herzlichkeit, mit der wir in Darlington empfangen und während der gesamten Zeit begleitet wurden, war einfach außergewöhnlich“, berichtet Silke Schenck, Vorsitzende des Orchesters, die sich besonders auch über den Erfolg der Konzerte freute, zu denen insgesamt rund 250 Zuhörer kamen: „KlassisDolphin-Centre Silke-Schenck Mandolin-of-Mayor-Leeche Zupforchester sind in England ja kaum bekannt – umso überraschter waren wir, wie interessiert und geradezu enthusiastisch die Menschen unserer Musik begegnet sind.“ Darunter auch der Bürgermeister von Darlington, Gerald Lee, der mit seiner Frau Ruth gleich beide Konzerte in der Partnerstadt besuchte und einen ganz eigenen persönlichen Bezug zu der Musik hat: sein Vater hatte in alter Bergmannstradition immer die Mandoline gespielt, wenn er von Unter Tage zurück kam – und mit der Erlaubnis des Mayors brachte Silke Schenck das englische Familienstück beim abschließenden Empfang spontan wieder zum Klingen.

Sunderland Porthouse Silke Schenck

Vernetzung der Regionen

Aber nicht nur in Darlington wurden wir von höchster Polit-Prominenz begrüßt. Auch in Sunderland (Partnerstadt von Essen) hatte das Stadtoberhaupt Stuart Porthouse ins Rathaus eingeladen und in der Audienz neben dem Stadtwappen auch einen Kasten des offiziellen Bürgermeister-Biers übergeben. Zudem konnten wir angeregte Gespräche mit mehreren Vertretern der Stadt führen und so auch einen Beitrag zur Vernetzung der Regionen „Ruhrgebiet“ und „Durham – Tyne and Wear“ leisten. Dabei konnten wir die dortigen Ansprechpartner für Städtepartnerschaften kennenlernen und letztlich hatten wir es insbesondere Jane Simmons zu verdanken, dass wir an diesem Tag sowohl ein gut besuchtes Konzert in einem stimmungsvollen Ambiente geben konnten als auch ein interessantes Besuchsprogramm hatten.

Abwechslungsreiches Konzertprogramm mit Zaubermandoline, lokalen Sängerinnen und DebutCarmel Magic-Mandolin Christian-Oesterwind

Das Konzertprogramm der durch das Goethe-Institut, dem Auswärtigen Amt und der Stadt Mülheim geförderten Reise stand mit Werken britischer und deutscher Komponisten ganz im Zeichen des kulturellen Austauschs. So wurden zeitgenössische Werke für Zupforchester der britischen Komponisten Eileen Pakenham und John W. Duarte gegeben. Aber auch ganz lokale Spezialitäten hatten wir im Gepäck: die Kompositionen des Mülheimers Alexander Aris Blettenberg, von Bruno Szordikowski, der an der Mülheimer Musikschule gelehrt hat, und unserem Dirigenten, Dominik Hackner, wurden vom englischen Publikum begeistert aufgenommen. Hierbei sei insbesondere die Aufführung der Zaubermandoline als „Magic Mandolin“ im Carmel College in Darlington genannt, für die Christian Oesterwind als Erzähler die ganze Bandbreite seiner Schauspielkunst abrufen konnte.

Dolphin-Centre Concert Margarete-SchenckBei zwei Konzerten hatten wir zum ersten Mal sogar eigenen Solisten-Nachwuchs auf der Bühne: Für Bruno Szordikowskis „Planxty O’Carolan“ hatte Dominik eine Flötenstimme geschrieben, die Silke Schencks Tochter Margarete auf der Querflöte spielte. Sie war hoch konzentriert und spielte souverän – von Nervosität kaum eine Spur.

Im Sinne eines Partnerstadt-Austausches haben wir aber beim Abschlusskonzert im Dolphin-Centre auch gemeinsam mit regionalen Interpreten musiziert. Nachdem die beiden Sängerinnen Paulina Rossi (Sopran) und Janet Walke (Mezzosopran) zunächst im Duett klassische Opernarien gesungen hatten, konnten wir Dolphin-Centre Concert Lee Loreley-Schenckgemeinsam mit Janet zwei Arien aus Bizets Carmen aufführen. Das Publikum, darunter auch viele englische Zupfmusiker, erhob sich geschlossen zu stehenden Ovationen. Bei den anschließenden Zugaben spielten wir auch „Loreley’s Lullaby“ von Dominik Hackner und weil die Namensgeberin Loreley trotz später Stunde anwesend war, ließ es sich Mayor Lee nicht nehmen, sie bei seinen Dankesworten auf die Bühne zu holen.

In dieser Region gibt es viel zu entdecken

Neben den Konzerten und Gesprächen nutzten wir die Gelegenheit, uns von der kulturellen Qualiltät der Region zu überzeugen. Dabei wurde schnell deutlich, dass der Norden Englands touristisch vermutlich genauso unterschätzt wird wie das Rurgebiet – eine weitere Gemeinsamkeit unserer Regionen.

In York machten wir einen Rundgang über die Stadtmauer, besuchten die Kathedrale und genossen die Atmosphäre in den engen Gassen. Begleitet von Stadtführerin Regina bekamen wir so einen guten Einblick in die Geschichte der Stadt – die oft noch zum Anfassen war. Dabei lernten wir, dass Yorks Entwicklung wesentlich von den Wikingern geprägt ist.

Sunderland Glass-Centre Group-Member Robin-Pierburg glass-blowingIn Durham besuchten wir die berühmte Kathedrale, deren Kreuzgang die Kinder nicht zuletzt deshalb faszinierte, weil er Schauplatz der Dreharbeiten zu „Harry Potter“ war. Leider konnten wir nicht ins Schloss – aber das schaffen wir bestimmt beim nächsten Mal! – Dafür konnten wir dank Toms guter Kontakte den alten Ratssaal besichtigen, ein beeindruckender Raum, der für die heutige Ratsstärke aber zu klein geworden ist.

Auf der Fahrt nach Sunderland konnten wir die Washington Old Hall besichtigen und lernten dabei, dass Washington in den USA hiernach benannt ist, weil die Familie des ersten US-Präsidenten, George Washington, hier viele Jahrzehnte gelebt hat. Interessant war hierbei auch zu entdecken, wie man vor rund 100 Jahren in dieser Region gelebt hat. Da war nicht nur die Erkenntnis, dass wenn man mit 16 Familienmitgliedern auf rd. 30 qm wohnt die Kleinkinder schonmal in der Schublade schlafen müssen erstaunlich. Dies konnten wir uns von Stanley Bone aus erster Hand erläutern lassen, der dort vor fast 90 Jahren geboren wurde und zufällig ebenfalls gerade sein altes Haus besichtigte, das nun nur noch Museum ist. In Sunderland lernten wir dann, dass die Glas-Manufaktur eng mit der Region verbunden ist. Das National-Glass-Centre zeugt von einer langen Geschichte der Glas-Kunst und bei einer diesbezüglichen Vorführung konnte eines der mitgereisten Kinder sogar selbst Glas blasen – und schuf die wohl größte Weihnachtskugel der Geschichte…Grosmont

Die Krönung der Ausflüge war für die meisten aber der Tag in Whitby, wo wir nicht nur auf den Spuren Draculas und Captain James Cooks wandeln konnten, sondern die berühmte Ruine der Whitby Abbey ganz nah vor uns hatten, ja sogar hindurch gehen konnten. Bei traumhaftem Wetter fuhren wir anschließend mit einem Dampfzug der North Yorkshire Moors Railways nach Grosmont in den North York Moors, wo wir eine der letzten verbliebenen Dampfloks des Typs sehen konnten, der mit über 200 km/h als schnellste Dampflok aller Zeiten gilt und nach seinem Entwickler Sir Nigel Gresley benannt ist.

Am letzten Tag in Darlington gab es nicht nur für Eisenbahn-Fans noch einen weiteren Leckerbissen: Im dortigen Railway-Museum (Head of Steam) steht die „Locomotion No.1“, erbaut von George Stevenson, die den ersten Personenzug überhaupt zog, der 1825 von Stockton nach Darlington fuhr. Auf älteren 5-Pfund-Noten ist daher auch Stevenson mit der Lok abgebildet.

Dass die gesamte Gruppe von den Eindrücken trotz auch wegen der anschließenden Konzerte oft recht anstrengender Tage noch lange schwärmen wird liegt neben dem tollen Wetter aber insbesondere an der persönlichen Begleitung durch Tom oder Mike bei allen Ausflügen. Übrigens haben wir bei diesen Gelegenheiten von Tom auch noch zwei interessante Aspekte erfahren, die unsere Regionen bezüglich des Bergbaus trotz aller Gemeinsamkeiten unterscheiden: Während im Ruhrgebiet eher Flüsse und Kanäle untergraben wurden, sind in Nordengland große Teile der Kohle unter der Nordsee ausgegraben worden. Zudem hatten wir uns gewundert, dass wir keine Halden finden konnten. Dies liegt daran, dass die Engländer das Material in die Niederlande verkauft haben, wo es zur Landgewinnung genutzt wurde.

Diese Kontakte werden wir pflegen

Für viele stand noch vor der Abreise fest: das war nicht der letzte Besuch in der Partnerstadt. Und so wurden bei der einen oder anderen Pint munter Kontakte geknüpft, Möglichkeiten für den Schüleraustausch erörtert und zur großen Freude aller festgestellt, dass man sich spätestens im November wiedersieht, wenn die Freunde aus England auf dem Adventsmarkt in der Mülheimer Altstadt zu Gast sind.

 

=> Wer gerne den Bericht unserer englischen Freunde lesen möchte, kann diesen hier aufrufen!

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