Zum Inhalt springen

Rede der Vorsitzenden des Mülheimer Zupforchesters, Silke Schenck, zum Jubiläumskonzert am 24. April 2010

Liebes Publikum,
Liebe Freunde und Förderer,
Liebes MZO,

 


in meiner Funktion als Vorsitzende des Mülheimer Zupforchesters freue ich mich, hier anlässlich unseres 30-jährigen Jubiläums ein paar Worte sagen zu dürfen.

 


Wie vermutlich viele von Ihnen, bin ich eher zufällig zur Zupfmusik gekommen: Ich war sechs Jahre alt und wollte eigentlich Schlagzeug lernen. Das durfte ich nicht mehr, denn das lernte bereits mein älterer Bruder. Und dann gab es an der Musikschule für die Mandoline damals noch keine Warteliste, also fing ich damit an. Drei Jahre später war ich im MZO mit dabei. Und so sehr mich nach wie vor auch das Schlagzeug reizt, bin ich doch meinen Eltern und meinen Lehrern sehr dankbar, dass ich den anderen Weg eingeschlagen habe und dran geblieben bin. Ein Leben ohne das MZO ist für mich heute kaum vorstellbar. Und das schöne daran ist: nicht nur für mich – mit der Musik und mit meinem Orchester habe ich als Kind gleich eine ganze Welt mit auf den Weg bekommen. Und das ist es wohl, was mich bei der Musik gehalten hat, in einem Alter, in dem viele andere das Üben aufgeben und das erst als Erwachsene bereuen: mein Freundes- und Bekanntenkreis bestand plötzlich aus Menschen, in deren Leben Musik eine zentrale, unverzichtbare Rolle spielt. Wer so etwas hat, gibt das nicht leichtfertig auf. Das MZO hat mich bei der Stange gehalten, und viele andere auch.

 

 

 

Und nun, im Kulturhauptstadtjahr, stehe ich hier an dieser Stelle und empfinde Glück, Glück und nochmals Glück:

  • Ich bin glücklich darüber, dass wir Ihnen heute wieder einmal ein – wie ich finde – ausgezeichnetes Programm bieten können, und das vor vollem Haus.
  • Ich bin glücklich über das, was wir in den letzten 30 Jahren alles erreicht haben. Wir hatten immer den Anspruch, ausgezeichnete Qualität zu liefern und das ist uns gelungen. Wir haben wunderschöne Konzerte gegeben, sechs CDs produziert und erste Preise gewonnen – zuletzt 2008 beim alle vier Jahre stattfindenen Deutschen Orchesterwettbewerb. Diese Ehrung konnten wir nun seit 1992 fünf mal in Folge entgegennehmen.
  • Ich bin aber auch glücklich darüber, dass das MZO immer mehr war, als einfach nur ein funktionierendes Orchester. Um die Kontinuität zu bieten, die wir in den letzten 30 Jahren geboten haben, braucht es nicht bloß ein paar zufällig zusammengewürfelte Spieler. Das MZO war immer schon mehr als das: hier sind Freundschaften entstanden und ein ganz besonderer Zusammenhalt, den man wohl auch auf der Bühne spüren kann – und den, denke ich, nicht nur die bemerken, die schon 1980 dabei waren, sondern auch die, die im letzten Jahr zu uns gestoßen sind, und auch die, die vielleicht nicht mehr hier oben sitzen, aber immer noch zur Familie gehören.

Natürlich – bei all dem muss ich zugeben: ein wenig Sorge ist auch dabei.
Ich denke, an kaum einem Mülheimer ist die lebhafte Diskussion über den kommunalen Haushalt in den letzten Wochen vorbeigegangen. Und wer die Presse verfolgt hat, wird auch gemerkt haben, dass viele kulturelle Einrichtungen in unserer Stadt Appelle an Politik und Stadtverwaltung gerichtet haben. Auch wir haben unserer Sorge über die Sparvorhaben im Bereich der Sinfonie- und Kammerkonzerte in einem offenen Brief Ausdruck verliehen.

 


Ich gestehe offen: ganz leicht fiel mir das nicht – zu offensichtlich ist die Zeit lange vorbei, in der man als Kulturschaffender mit selbstverständlicher Anspruchshaltung die Hand aufhalten und jede Sparmaßnahme pauschal als Ausdruck stumpfen Banausentums abtun konnte. Als wirtschaftlich denkender Mensch weiß ich, dass Mülheim finanziell auch in Zukunft handlungsfähig sein muss; als leidenschaftliche Musikerin hoffe ich aber auch, dass in dieser Zukunft für ein Orchester wie unseres noch Platz ist. Es ist klar, dass wir in dieser Zukunft immer mehr auf unser eigenes, auch unternehmerisches, Engagement angewiesen sein werden und ich denke, darauf sind wir vorbereitet. Aber wir werden auch auf die Menschen in dieser Stadt angewiesen sein, die es ein Stück weit in der Hand haben, ihre Prioritäten zu setzen, und daran mitzugestalten, welches Umfeld Mülheim an der Ruhr uns in zehn oder zwanzig Jahren bieten wird. Ausruhen auf einem rheinischen „et hätt noch immer jot jejange“ dürfen wir nicht, darf diese Stadt nicht, und – wenn ich das sagen darf – das dürfen Sie, meine Damen und Herren, auch nicht.

 


Ich habe ein sehr konkretes Bild von einem Teil Mülheimer Zukunft, an dem ich mitarbeiten möchte: 2030. Wir alle haben uns verändert, ebenso wie unsere Stadt und unser Publikum. Aber, wie ich hoffe, sitze ich immer noch dort im Orchester – und ich weiß, dass jeder von uns eine ähnliche Hoffnung hegt. Damit das nicht bloß eine Hoffnung bleibt, möchte ich meinen Appell an Sie alle richten, und nicht nur an die Politiker dieser Stadt: setzen Sie Ihre Prioritäten und geben Sie der Kultur in dieser Stadt auch weiterhin den Raum, den sie braucht, um Ihnen auch in Zukunft mehr bieten zu können als einen Samstag abend vor dem Fernseher.

 


Aber, wenn ich hier in die Runde schaue, dann wird meine Hoffnung auch ein bißchen Gewissheit. Auch, weil wir sehr viel Unterstützung erfahren von zahlreichen Freunden und Förderern, die ich nicht alle namentlich erwähnen kann, aber von denen ich einige heute abend besonders erwähnen möchte:

 
  • Bedanken möchte ich mich bei der Stadt Mülheim an der Ruhr; bei den Kulturverantwortlichen unserer Stadt und insbesondere bei Herrn Balzer-Reher vom Theaterbüro, und Frau Kordak, die unsere Konzerte stets zuverlässig organisiert.
  • Bedanken möchte ich mich bei der Musikschule: bei ihrer Leiterin Frau Frensch-Endreß und dem Kollegium, besonders bei der Mandolinenlehrerin Petra Tübben und den Gitarrenlehrern. Wir schöpfen nicht nur unseren hervorragend ausgebildeten Nachwuchs aus der Musikschule. Bereits seit 30 Jahren dürfen wir auch die Räumlichkeiten der Musikschule für unsere Proben nutzen. Und heute Abend verstärkt sie uns sogar personell, am Schlagwerk.
  • Bedanken möchte ich mich
 
  • bei den Redakteuren unserer Lokalpresse, die uns stets interessiert begleitet,
  • bei den Familien, Partnern und Kollegen der Spieler, die nicht selten ihre Opfer bringen müssen,
  • bei Dominik Hackner, unserem künstlerischen Leiter, der weit mehr für uns tut, als man von einem Dirigenten erwarten darf,
  • bei Ihnen, unserem Publikum, von denen viele echte Stammgäste sind,
  • und natürlich bei Euch, den Spielern, die Ihr jedes Jahr hunderte von Stunden echte Arbeit ehrenamtlich in eine gute Sache steckt.

Ich freue mich auf unsere Projekte in den kommenden Jahren, auf viele Konzerte und auf die gemeinsamen Stunden dazwischen. Und jetzt freue ich mich erstmal darauf, den Platz einnehmen zu können, an dem ich mich doch deutlich wohler fühle als hier vorne.         Zweite Mandoline, erstes Pult, links.

 


Ich wünsche Ihnen ein schönes Konzert!

Schreibe einen Kommentar